GASTKOMMENTAR: Der Fluch des Pfauenthrons – zum Tode Ali Reza Pahlavis, jüngster Sohn des letzen Schahs von Iran

from our special correspondent AZA. (Hamburg/Tehran/Boston)

Gestern gab die Familie Pahlavi – einstmals stellte sie zwei Herrscher des Iran (Reza Schah, r. 1925-1941, und seinen Sohn Mohammad Reza Schah, r. 1941-1979) – bekannt, dass der jüngste Sohn des letzten Schahs, Ali Reza Pahlavi, am 03.01.2011 sich mit 44 Jahren in Boston/USA per Kopfschuss das Leben nahm.

Nun ist es zwar so mit Herrscherhäusern, alten und auch neuen, dass dieselbigen ihre Hochs und Tiefs haben, aber die Dynastien und Dynasten Persiens, dem legendären Iran, waren regelrecht verflucht:
Schon Reza Schah, mit Hilfe der Briten als einfacher Soldat an die Macht geputsch, der autokratisch und mit eiserner Hand versuchte, den Iran von einem vorindustriellen Feudalstaat in einen modernen Nationalstaat zu wandeln, musste 1941 den errungenen Pfauenthron wieder aufgeben und zurücktreten. Während des 2. Weltkriegs mochte sich der Selfmade Man den Aliierten nicht beugen und sympathisierte stattdessen mit Hitlerdeutschland. Dies konnten und wollten sich die Briten und Russen, mit ihren ganz eigenen Intressen im Iran – ÖL! – nicht gefallen lassen. Der vormals machthungrige Monarch verstarb einsam 1944 im Exil in Südafrika.
Sein Sohn Mohammad Reza übernahm den sagenumwobenen Pfauenthron. Doch als der einzige Vollbruder des jungen Schahs Prinz Ali Reza 1954 bei einem Flugzeugabsturz umkam, schien die Zukunft der Dynastie gefährdet. Ein männlicher Thronerbe musste her, der nicht das Blut der vorhergehenden Qajaren-Dynastie (r. 1785-1925) in sich trug. Aber die erste Frau des Schahs, Fowzieh von Ägypten, hatte ihm bloß eine Tochter geschenkt, die zweite Frau, Soraya, bekam keine Kinder. Erst mit der dritten Frau, Farah Diba, schien das Glück in Form von zwei Söhnen und zwei Töchtern einzukehren.
Doch das Glück hielt nicht lange. Nach einer enormen Öffnung gen Westen und technischen Neuerungen war die politische Unterdrückung der Opposition so stark, dass es im Februar 1979 schließlich zur Revolution kam, der Schah – unfähig begangene Fehler einzusehen und zu revidieren – musste mit seiner Familie das Land für immer verlassen. Nach 2500 Jahren war die Monarchie im Iran mit 446 Königen am Ende!
Ein Jahr später starb der letzte Schah des Iran im ägyptischen Exil an Krebs. Seine unbeirrbare Witwe proklamierte zwar ihren ältesten Sohn Reza Cyrus zum neuen Schah, doch es blieb bei diesem Lippenbekenntnis. Als Privatmann kümmert sich der ehemalige Kronprinz um die Pahlavi-Stiftung, fördert iranische Kunst und Kultur in der Diaspora – und steht natürlich der monarchistischen Opposition im Exil von seiner neuen Heimat in den USA vor.
Doch auch ihm wurden bisher nur zwei Töchter geschenkt, während die traditionelle Thronfolgeregelung Primogenitur im Mannesstamm vorsieht….
Im Juni 2001 nahm sich seine jüngste Schwester, Leili Pahlavi, unter starken Depressionen und die Traumata der Kindheit nicht mehr verarbeitenkönnend mit Tabletten in London das Leben. Nun erschoss sich auch noch der Bruder, und somit der eigentlich nächstfolgende potentielle Pahlavi-Schah. Die Gründe für diese Tat bleiben zunächst unbekannt. Prinz Ali Reza (II) hatte einen Master Artium in Middle Eastern Studies, war ein Fachmann für Alt- und Mittelpersische Schriften und schrieb an seiner Doktorarbeit in Philologie. Er war noch Junggeselle, gutaussehend und gern gesehener Partygast der Ostküsten-Society. Allerdings soll er auch, wie seine kleine Schwester, unter Depressionen gelitten haben. Oder war es vielleicht doch der Fluch des Pfauenthrones?

AZA

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